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Ein Hoch auf die Buchmessen!

 
„Da muss ich nicht hingehen, ich lese inzwischen sowieso E-Books!“ Diesen Satz höre ich immer wieder, wenn ich voller Begeisterung davon erzähle, dass ich bei einer Buchmesse war oder eine solche unmittelbar bevorsteht. Abgesehen davon, dass es dort natürlich auch sehr sehenswerte Angebote für E-Book-Liebhaber gibt, haben diese Veranstaltungen grundsätzlich ihren eigenen Reiz. Eigentlich wollte ich „Großveranstaltungen“ schreiben, bin mir dann aber gerade noch rechtzeitig der Tatsache bewusst geworden, dass die Buchmessen, auf denen ich mich so gern tummele, durchaus von unterschiedlicher Größe sind.

 
Die größte und bekannteste von ihnen ist sicher die Frankfurter Buchmesse, und bisher war es mir einmal vergönnt, dort dabei zu sein. Sie unterscheidet sich von den anderen dadurch, dass sie explizit und immer wieder betontermaßen keine Verkaufsmesse ist. Das heißt, dass man selbst die Bücher, die einem bei den unzähligen Lesungen gut gefallen haben, nicht gleich kaufen und von den entsprechenden Autoren signieren lassen kann. Das ist auch der Grund, weshalb mein Taschenkalender von 2014 (den ich wie alle anderen, die mich im Laufe meines Erwachsenenlebens begleitet haben, aufhebe) einige auf den ersten Blick unmotivierte Unterschriften von Schriftstellern aufweist, aber ganz entgehen lassen wollte ich mir die Chance auf ein Autogramm eben nicht. Dennoch gibt es vor dem Eingang diverse Bücherstände, an denen man die verschiedensten Druckerzeugnisse von antiquarisch-teuer bis „soeben erschienen“ erwerben kann. Das Gelände allein ist schon einen Besuch wert. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich noch nie eine Messe erlebt, die so groß ist, dass man sich zwischen den einzelnen Hallen auf Laufbändern bewegen kann und trotzdem wohl immer das Gefühl haben wird, nie alles zu schaffen, was man sich vorgenommen hat. Allein das Dünndruck-Programm für die Messetage, in dem alle Lesungen und sonstigen Veranstaltungen aufgeführt sind, umfasst mehrere Hundert Seiten! Nur an den Frankfurter Besuchertagen habe ich es erlebt, dass man Schwierigkeiten hatte, von einem Längs- in einen Quergang einzubiegen, weil der „Gegenverkehr“ zu stark war - wohlgemerkt, zu Fuß!

 
Etwas kompakter (das Wort „klein“ verbietet sich angesichts der fünf großen Messehallen in diesem Zusammenhang von selbst) geht es auf der Leipziger Buchmesse zu. Nachdem sie seit einigen Jahren zum Standardrepertoire unserer Jahresplanung gehört, ist sie mir inzwischen vertraut und regelrecht ans Herz gewachsen. Ich freue mich immer wieder, wenn ich den großen Glaspalast betrete, und habe mir meist vorher schon ausgesucht, welche Lesungen (die in der Regel im 30-Minuten-Takt stattfinden) ich besuchen möchte. Dass ich diese Absichten häufig vor Ort wieder über Bord werfe, weil ich beim Schlendern durch die Hallen an irgendeiner Bühne vorbeikomme, auf der ich einen Autor oder eine Autorin sehe, die ich entweder schon öfter gesehen und gut gefunden habe oder schon immer einmal live erleben wollte, macht das Ganze für mich nur umso interessanter. Wo hat man schließlich sonst die Möglichkeit, gleich nach der Star-Schriftstellerin aus Nicaragua den deutschen Physiker zu erleben, der einem plausibel erklärt, wie viel im Leben von Zufällen abhängt.

 
In Leipzig gibt es außerdem das Begleitprogramm „Leipzig liest“, das nicht nur in den Messehallen, sondern auch abends in der ganzen Stadt sein Publikum in die Klubs, Restaurants und Kaufhäuser zieht. In diesem Umfeld haben wir schon sehr schöne Lesungen besucht, die ich auf keinen Fall hätte verpassen mögen! Allein, die sehr unterhaltsamen Kluftinger-Autoren Volker Klüpfel und Michael Kobr in den hinteren Räumlichkeiten des Kaufhaus-Restaurants mit der Lesung eines gänzlich unkriminalistischen Buches zu erleben, wäre schon eine Reise nach Leipzig wert gewesen.

 
Außerhalb der zwei großen gibt es hier und da ebenfalls nette, kleine Buchmessen, auf denen in der Regel eher kleinere Verlage vertreten sind, was den Besuch jedoch nicht weniger attraktiv macht. Bei diesen Messen, wie etwa der Buch Berlin, kommt man unmittelbarer ins Gespräch, trifft Verleger und Selfpublisher und bekommt so Anregungen, Bücher zu lesen, die man sonst aufgrund der Dominanz der großen Verlagshäuser in den Buchläden vielleicht gar nicht wahrgenommen hätte. Die Atmosphäre ist familiärer, alle eint die Leidenschaft, Bücher zu machen und Bücher zu lesen, und gerade aus diesen Messen gehen mitunter sehr angenehme neue Kontakte hervor.

 
Unabhängig davon, ob ich die Möglichkeit habe, selbst aus meinen Büchern zu lesen (bei Buchmessen ist die Aufmerksamkeit, die man erzielt, schon größer als anderswo), oder als Besucher unterwegs bin - ich fühle mich angesichts der vielen Bücher immer wie Alice im Wunderland. Häufig weiß ich gar nicht, was ich mir zuerst ansehen, wohin ich zuerst gehen soll. Schließlich gibt es ja nicht nur die Stände der einzelnen Verlage, sondern auch Workshops zu verschiedenen Themen der Buchbranche, Gesprächsrunden, Treffen mit ebenfalls schreibenden Bekannten und Freunden, denen man aufgrund der Entfernung der Wohnorte sonst nur selten im nicht virtuellen Raum begegnet und … und … und …
 
Mit einem Wort: Es ist völlig egal, in welchem Medium man die literarischen Texte inzwischen liest oder anderweitig wahrnimmt (das Wort „konsumieren“ zu verwenden, widerstrebt mir in diesem Zusammenhang) - als E-Book oder Druckausgabe, als Hörbuch auf langen Zug- und Autofahrten, in Zeitschriften oder auf online-Portalen -, eine Buchmesse hat für jeden, dem Bücher (egal, ob Belletristik oder Sachbuch) am Herzen liegen, etwas zu bieten!

 
Eines allerdings sei an dieser Stelle noch angemerkt: Man hört immer wieder von „Trophäensammlern“, die stolz darauf sind, von jeder Buchmesse wenigstens ein geklautes Buch mitzubringen, das sie an irgendeinem der Stände haben mitgehen lassen. Es wäre doch zu schön, wenn diese Unsitte endlich aussterben könnte, denn jeder, der vom Schreiben, Übersetzen, Lektorieren, Illustrieren oder Drucken leben möchte, weiß, wie schwierig das mitunter ist und dass dann auch das eine Buch, das jemand - nennen wir es einmal „unbedarft“ - stibitzt hat, durchaus als Verlust zu spüren ist.

 
Vielleicht hat nach diesem Beitrag ja der eine oder andere Leser Lust, selbst einmal eine große oder eine kleinere Buchmesse zu besuchen. An dieser Stelle schließt sich für mich der Kreis zum Reisblog, denn schließlich wird es den wenigsten vergönnt sein, ein solches Event an ihrem Wohnort erleben zu können, und wenn ich in der Beschreibung einer Stadt lese, dass dort eine Buchmesse oder ein Literaturfestival veranstaltet wird, ist sie mir gleich ein kleines bisschen sympathischer als andere. Ich für meinen Teil bin jedenfalls fest überzeugt: Veranstaltungen, die mit Büchern zu tun haben, sind immer eine Reise wert!
 
 
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