Paris, 06.09.1991 (Freitag) – 1. Teil
Da ich gestern aufgrund unüberwindbarer Müdigkeit nicht mehr
in der Lage war zu schreiben, werde ich heute unsere Erlebnisse von zwei Tagen
erzählen. Weil wir gestern für unsere Verhältnisse ziemlich früh aufgestanden
sind, hatten wir noch den ganzen Tag vor uns, und es wurde wirklich der Tag mit
dem bisher intensivsten Programm. Zuerst waren wir noch einmal im bereits
erwähnten Centre Georges Pompidou, das aber auch beim zweiten Hinsehen nichts
von seiner Scheußlichkeit einbüßt. Von innen allerdings sieht es dann zwar
nicht weniger verrückt, aber doch in irgendeiner Weise angenehmer aus. So
trifft man im Foyer auf eine Grube, die bei näherem Herangehen den Blick auf
ein im Souterrain beginnendes und bis zum Erdgeschoss reichendes Gemälde von
Picasso freigibt. Hierbei handelt es sich um ein 1916/17 gemaltes Bühnenbild zu
den „Ballets Russes“ von Serge Djagilew, das jetzt den Titel „Parade“ hat.
Anschließend sind wir in die fünfte Etage des Gebäudes
gefahren, von wo aus man bei schönem Wetter weit über das Pariser Stadtzentrum
hinaussehen kann. Leider war es ziemlich diesig, doch bis Sacré-Coeur konnten
wir trotzdem sehen, was dann unsere nächste Station war.
Sacré-Coeur ist eine Kirche, die 1870 erbaut wurde, in ihrem
Stil jedoch etwas an die Kathedralen erinnert, die im Mittelalter im alten
Russland gebaut wurden – zumindest äußerlich. Das Gebäude hat eine große Kuppel
und ist ganz aus weißem Stein. Das Innenschiff wird ständig für Betende
freigehalten, und ein Priester steht immer zur Beichte zur Verfügung. An den
Seiten waren rundum Nischen mit Nebenaltären, was hier allerdings üblich zu
sein scheint, in Notre-Dame sah es in dieser Beziehung etwa ähnlich aus. Doch
dazu komme ich später noch.
Sacrè-Coeur selbst befindet sich auf dem Montmartre, d. h.
auf einer Anhöhe, sodass es einerseits weithin sichtbar ist, andererseits hat
man auch von dort aus einen wunderbaren Blick über Paris. Außerdem ist der
Montmartre berühmt für seine Portraitmaler, die sich hinter der Kirche
aufstellen und entweder Touristen malen oder versuchen, ihre Bilder an den Mann
zu bringen.
Von dort aus führte uns unser Weg zum Place de la Cité, der
eines der ruhigeren Eckchen in Paris darstellt, obwohl an beiden Seiten das
Verkehrschaos ungetrübt weitertobt. Dort trafen wir auch zwei Ecuadorianer
(Mutter und Sohn), die sich sehr nett mit uns unterhielten.
Nach einer kurzen Verschnaufpause ging‘s dann weiter am
Justizpalast vorbei zu Notre-Dame, einer Kirche im gotischen Stil mitten in
Paris, wo es natürlich sowohl von Malern als auch von Touristen wimmelt. Wir
hatten aber das Glück, feststellen zu können, dass Notre-Dame nicht nur schön
aussieht, sondern auch eine wunderbare Akustik hat. Gleichzeitig mit uns war
nämlich ein Chor aus Poznan dort, der auch gleich
gesungen hat. Alles in allem ein tolles Erlebnis.
Abends waren wir auf dem Eiffelturm. Nachdem wir die Stufen
bis zur 115 m hoch gelegenen zweiten Etage genommen hatten, wurden wir mit
einem herrlichen Blick über Paris am Abend belohnt. Derartige Aktionen sind
allerdings für Leute mit Höhenangst nicht sehr zu empfehlen, da die Sicht nach
unten von überall frei ist.
Nach einem kurzen Gang zum Gare d’Austerlitz, wo wir uns
über eventuelle Weiterreisemöglichkeiten informiert haben, kamen wir gegen
23.00 Uhr wieder hundemüde auf dem Zeltplatz an.