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Kroatien
 
 
Was man nicht im Kopf hat

 
… hat man in den Beinen, sagt der Volksmund und meint damit, dass man, wenn man etwas vergessen hat, noch einmal an den Ort zurückkehren muss, an dem man es vergessen hat, um das Versäumte nachzuholen. Manchmal ist es jedoch nicht ganz so einfach, und es bleibt einem etwas sehr lange im Kopf, weil man sich ärgert, dass man es vergessen hat. Das ist meist dann der Fall, wenn das Zurückkommen und Nachholen mit größerem Aufwand verbunden wäre.

 
Genau so ging es mir mit Zadar, einer nicht ganz kleinen Stadt an der kroatischen Adriaküste. Natürlich hatte ich nicht die ganze Stadt vergessen, aber immerhin doch eine wichtige ihrer Sehenswürdigkeiten. Dabei hätte ich es besser wissen können.

 
Unsere erste Begegnung mit Zadar lag schon viele Jahre zurück, als es uns im vorigen Jahr endlich wieder einmal nach Dalmatien verschlug. Beim ersten Mal, zwölf Jahre zuvor, waren wir eher ziellos durch die Stadt gestreift, weil wir damals überhaupt erst begannen, die Schönheiten Kroatiens für uns zu entdecken. Inzwischen waren wir nun schon mehrfach in Istrien gewesen, Dalmatien aber hatten wir seit 2004 nicht mehr gesehen.

 
An dieser Stelle lag vielleicht auch schon mein erster Denkfehler: In einer Gegend, in der die meisten Sehenswürdigkeiten mehrere Jahrhunderte alt sind, ist man vielleicht von vornherein eher geneigt, seine ganze Aufmerksamkeit mehr oder weniger antiken Hotspots zu widmen, zumindest ging es mir so, und die Kirchen und Kathedralen, die wir besuchten, schienen mir auch unumwunden recht zu geben. Wir sahen die Kirche der Heiligen Anastasia und die Basilika des Heiligen Donatus, spazierten noch ein wenig an der Uferpromenade entlang, sahen Straßenkünstler und Skulpturen aller Art – und waren mit dem ersten Ausflug unseres Urlaubs mehr als zufrieden.

 
Diesmal war unser Ziel genau das, was wir im Jahr zuvor versäumt hatten: die beiden Installationen an der Uferpromenade, die man eigentlich nicht verfehlen kann. Es stellte sich heraus, dass wir ein Jahr zuvor offenbar genau darum unbewusst einen großen Bogen gemacht hatten. Wären wir nur an einer anderen Stelle von der Uferpromenade in die Altstadt abgebogen, hätten uns die vielen Touristen auf jeden Fall auffallen müssen, die auf der Meeresorgel saßen und auf der Sonneninstallation standen.

 
Die Meeresorgel bietet tatsächlich ein  faszinierendes Schauspiel. Eigentlich handelt es sich dabei um eine treppenförmig angelegte Verbindung zwischen Meeresoberfläche und Promenade, wobei die einzelnen Marmorstufen so angeordnet sind und über 35 Orgelpfeifen verfügen, dass die Brandung Schwingungen und somit Töne erzeugt. Natürlich ist das Ganze nicht mit einem Musikstück, sondern eher mit Walgesängen vergleichbar, aber es hat eine angenehme Frequenz und bietet so ein Klangerlebnis der besonderen Art, das nicht einmal dadurch zerstört wird, dass Hunderte von Touristen es gleichzeitig hören wollen.

 
Etwas anders verhält es sich mit dem „Gruß an die Sonne“, der ebenfalls von dem Künstler Nikola Basic geschaffen wurde. Diese Installation ist ein riesiges rundes Solarpanel, das tagsüber, wie es sich für diese Technik gehört, die Energie speichert, die abends über viele kleine, bunte LED-Leuchten wieder abgegeben wird. Allerdings zeigen einem schon die Fotos auf den einschlägigen Internet-Seiten, dass dieser Kreis offenbar eher dazu einlädt, sich auf ihn zu stellen, als das Spektakel in seiner ganzen Schönheit zu genießen.

 
So haben wir dann auch die Entscheidung, nicht bis nach Sonnenuntergang darauf zu warten, wie das Ganze in der Dunkelheit aussieht, diesmal ganz bewusst getroffen. Einerseits lud die in ganz Südeuropa herrschende, geradezu tropische Hitze nicht besonders zum längeren Verweilen in Städten ein, andererseits waren schon bei Tageslicht so viele Menschen auf der Installation unterwegs, dass wir uns vorstellen konnten, dass der abendliche Eindruck davon noch mehr getrübt werden könnte.

 
Dennoch ist Zadar unbedingt jeden einzelnen Ausflug wert – eine hübsche kleine Küstenstadt am Mittelmeer, die weit mehr zu bieten hat, als man auf den ersten Blick meinen könnte (selbst wenn dieser in einen Reiseführer fällt).
 
 
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