- Literatur - Reiseblog

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Kroatien
 
 
Illusionen …

 
Es wäre sicher maßlos übertrieben, mich als Museums-Junkie zu bezeichnen. Dennoch kann ich nicht leugnen, dass ich immer wieder gern in Museen gehe, wenn sich auf Reisen eine solche Möglichkeit ergibt. Dabei müssen es gar nicht immer die großen Häuser sein, die in jedem Reiseführer verzeichnet sind. Im Gegenteil. Im Urlaub finde ich es besonders angenehm, wenn uns bei den verschiedenen Ausflügen kleinere Ausstellungen und Museen in eher homöopathischer Größe begegnen. So kann man einerseits Neugier und Wissensdurst stillen, ohne andererseits befürchten zu müssen, dass es zur Reizüberflutung und der Erkenntnis kommen kann, dass man doch nicht genug Zeit hat, um alle vorher vorhandenen Wissenslücken zu schließen, von denen man vorher noch nichts wusste und die durch einen solchen Besuch erst richtig zutage treten.

 
Mit Abstand am häufigsten trafen wir bei diesen Streifzügen auf Marc Chagall. Gleich dreimal begegneten wir ihm in den verschiedensten Ländern: In Tossa de Mar an der Costa Brava sahen wir außer seinem Gemälde „Der himmlische Geiger“ auch seinen Briefwechsel mit dem Bürgermeister von Tossa de Mar, den er in den Jahren 1972-74 geführt hat. Während eines Kurzurlaubs in Ostfriesland stießen wir bei einem Ausflug nach Oldenburg auf eine Chagall-Ausstellung, die uns sehr gefallen hat, und nun sahen wir, kaum hatten wir das Stadttor von Zadar durchschritten, wieder ein Transparent, das eine Chagall-Ausstellung bewarb.

 
Natürlich wollten wir uns dieses Vergnügen nicht entgehen lassen, und wir wurden nicht enttäuscht. Die Ausstellungsstücke waren in ihrer Mehrzahl Radierungen und Lithografien, die in unterschiedliche Themenbereiche gegliedert waren. So sahen wir im einen Raum des Palastes der Prioren die berühmten Bibelillustrationen, im anderen Bilder zu Gogols „Toten Seelen“. Doch nicht nur Illustrationen gab es zu sehen. Chagalls Werke „entführten“ uns nach Paris, an die Côte d‘Azur und, wie auch schon in Oldenburg, in den Zirkus, der auf den Meister eine besondere Faszination ausgeübt haben muss. Auch mythologische Motive wie die Odyssee kamen nicht zu kurz, und die biblischen Themen waren mit den Illustrationen noch nicht ausgereizt. Fenster, die er 1962 für die Abbell-Synagoge der Klinik der Hadassah-Universität von Jerusalem geschaffen hatte, wurden ebenso vorgestellt wie Lithographien über den Exodus. Insgesamt war es trotz oder vielleicht gerade wegen der Vielfalt der Themen eine sehr gelungene Ausstellung, in der die Leichtigkeit Chagalls, mit der er seine Figuren über Städte und Landschaften schweben lässt, zum Glück immer wieder deutlich wurde.

 
Illusionen ganz anderer Art bot uns das zweite Museum, in das wir an diesem Tag vor der allgegenwärtigen Hitze flüchteten. Es heißt auf Kroatisch schon „Museum der Illusionen“, wobei ich im Deutschen die Bezeichnung „Museum der optischen Täuschungen“ vorziehen würde, denn genau das ist es eigentlich. Vor allem merkt man von Anfang an, dass es, obwohl es nicht sehr groß ist, mit viel Liebe zum Detail eingerichtet wurde. So wurden bei den spektakulärsten Exponaten beispielsweise jeweils die Stellen auf dem Boden markiert, von denen aus man den besten Blickwinkel für Fotos hat. Nur so erscheint es dann nämlich tatsächlich so, als würde der eigene Kopf auf einem Silbertablett serviert (dank der angebrachten Spiegel geht das zum Glück völlig unblutig und ohne Folgeschäden vor sich) oder als wäre von zwei Personen eine riesengroß, während die andere quasi „geschrumpft“ komplett auf der Sitzfläche eines Stuhls Platz findet.

 
Ganz gerechtfertigt ist es allerdings nicht, das Museum nur auf die optischen Täuschungen zu reduzieren, denn immerhin gibt es auch einen Raum mit einem schrägen Fußboden und einen Tunnel, dessen Wände sich um den Betrachter drehen. Dass bei den Exponaten, die es betrifft, ausdrücklich davor gewarnt wird, dass sie Schwindelgefühle verursachen können, halte ich persönlich übrigens für einen ausgesprochen guten und vor allem notwendigen Kundendienst.

 
Natürlich hat Zadar noch wesentlich mehr zu bieten, wie etwa das Museum für antikes Glas oder in diesem Sommer eine Ausstellung der giftigsten Schlangen der Welt. Wir aber waren sehr zufrieden mit der Auswahl, die wir getroffen haben, und werden die einen wie die anderen Illusionen sicher noch lange in Erinnerung behalten.

 
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