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„Mein Leipzig lob ich mir …“

 
Wer kennt sie nicht, die Worte aus dem „Faust“, die Jahrzehnte lang als großer Neonschriftzug das Dach eines Plattenbaus auf dem Brühl, einer der Hauptstraßen im Zentrum Leipzigs, zierten? Die Schrift ist schon seit zehn Jahren eingemottet, weil ein gegenüberliegendes Hotel den Nachtschlaf seiner Gäste bedroht sah, doch der eine oder andere wird sich sicher auch noch daran erinnern, wie der Text in der Szene „Auerbachs Keller“ weiterging: „Es ist ein Klein-Paris und bildet seine Leute.“

Nun, der Vergleich mit Paris mag einem heute als Anachronismus erscheinen, doch für die Bildung wird hier immer noch einiges getan, und zwar nicht nur für die der „eigenen Leute“. Auch als Tourist kann man durchaus einiges sehen, was zumindest eine Horizonterweiterung ist, wie ich bei meinen Besuchen in der sächsischen Metropole immer wieder feststellen kann.

Auch wenn man keine Eintrittskarten für die Oper oder das Gewandhaus ergattern konnte, muss einem Leipzigs musikalische Seite nicht verborgen bleiben. Dafür sorgt ein Museumstriumvirat, das man sich keinesfalls entgehen lassen sollte: die Bach, Schumann und Mendelssohn-Bartholdy gewidmeten Häuser, für die es sogar einen gemeinsamen Museumspass gibt. So erfährt man im Mendelssohn-Haus, in dem Felix Mendelssohn-Bartholdy seine letzten Lebensjahre verbrachte, auch etwas über das erste deutsche Konservatorium und über das Gewandhaus, dessen Kapellmeister er war.

Im Schumann-Haus eröffnet einem ein stilisiertes Klavier mit einem angrenzenden Sekretär mit Hilfe von Schubfächern, Schrifttafeln und Schaukästen neue Informationsmöglichkeiten. So kann man hinter kleinen Klappen verborgene Zitate aus den „Gesammelten Schriften über Musik und Musiker“ von Robert Schumann hervorziehen, die 1854 in Leipzig erschienen sind und auf die man sonst vielleicht nie gestoßen wäre. Vieles in diesem Museum ist auf Tagebucheintragungen des Komponisten aufgebaut, doch natürlich gibt es auch Gegenstände wie ein Klavier und einen Flügel und ein Kleid von Clara Schumann.

Für mich aber wird auch dieses Mal Leipzig wieder in erster Linie die Bücherstadt sein - mit der Buchmesse, die zwar kleiner ist als die Frankfurter, dafür aber so, dass man in der zur Verfügung stehenden Zeit alle Stände wenigstens einmal besuchen kann, und mit dem wunderbaren Programm „Leipzig liest“, das es mir jetzt schon schwer macht, mich für eine der vielen Lesungen zu entscheiden, die sich natürlich in den wenigen Tagen der Messe zwangsläufig überschneiden müssen, aber dennoch jedes Jahr so viel Neues und Interessantes bieten, dass es meist erst hinterher richtig ins Bewusstsein dringt, wenn man es noch einmal in Ruhe Revue passieren lässt. Bis es aber soweit ist, werde ich mir an einem der Abende sicher auch einen Abstecher in „Auerbachs Keller“ gönnen, der inzwischen zwar sehr touristisch angehaucht ist, was dem Flair des alten Gemäuers und den wunderbaren Illustrationen aus dem „Faust“ an den Wänden aber keinerlei Abbruch tut.
 
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