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Das Angenehme mit dem Angenehmen verbinden

Mein Beruf bringt es mit sich, dass ich häufig in anderen Städten zu tun habe, die meist auch eher am Rande des touristischen Mainstreams zu finden sind. So war es auch diesmal, und meine Reise führte mich an einem Frühlingstag mit typischem Aprilwetter nach Neuruppin.

Der berufliche Termin verlief wider Erwarten entspannt, und so gönnte ich mir anschließend einen Luxus, von dem ich bei solchen Fahrten manchmal Gebrauch mache: Ich nahm mir ein, zwei Stündchen Urlaub. Schließlich kann man eigentlich nicht in Neuruppin gewesen sein, ohne Theodor Fontane wenigstens einen kleinen Besuch abgestattet zu haben. Ich verband also buchstäblich das Angenehme des eigentlichen Anlasses meiner Reise mit dem ebenfalls Angenehmen einer kleinen Entdeckungstour, ließ mein Auto noch ein wenig stehen und schlenderte trotz des wechselhaften Wetters ein wenig durch die Stadt.

Obwohl ich mich erinnerte, vor fast vierzig Jahren schon einmal dort gewesen zu sein, war diese Tatsache als solche auch der einzige Gedankenfetzen, der mir in diesem Zusammenhang in den Sinn kam, was jedoch aufgrund meines damals noch recht geringen Lebensalters verzeihlich ist.

Nun aber stellte ich fest, dass sich das Verweilen mehr als gelohnt hat: In der Stadt reihen sich gewissermaßen Park an Park, und überall trifft man auf berühmte Namen, die einem zumindest als Brandenburger sehr vertraut sind. Damit meine ich bei Weitem nicht nur Karl Marx, Friedrich Engels und Rudolf Breitscheid, die auch in Neuruppin die Straßenschilder zieren, sondern eher die Herren, deren Denkmäler einem überall im Stadtzentrum begegnen, angefangen vom sehr jungen Schinkel bis hin zu Friedrich Wilhelm II., der als Nachfolger Friedrichs des Großen vom Volk ansonsten eher als „der dicke Lüderjahn“ verspottet wurde. Hier aber haben ihm die dankbaren Bürger der Stadt ein Denkmal errichtet, weil der Wiederaufbau nach einem Flächenbrand im Jahre 1787 zu einem großen Teil aus der preußischen Staatskasse finanziert wurde.

Weniger bekannt ist namentlich sicher Gustav Kühn, dafür war sein Produkt zu meiner Zeit sogar Thema im Schulunterricht: der Neuruppiner Bilderbogen. Handkoloriert, galten diese Drucke als Vorläufer der späteren Illustrierten. An der Stelle der damaligen Druckerei ist heute allerdings ein Einkaufszentrum. Auch sonst treibt das Geschäftsleben im Neuruppiner Zentrum einige zumindest für mich unerwartete Blüten. So findet man dort ein Ärztehaus mit dem Namen „Alte Druckerei“, der Schreibwarenladen wirbt damit, dass man dort sein Handy aufladen kann, und die Uhrenbatterie kann man sich in der Änderungsschneiderei wechseln lassen.

Lustig sind auch die Namen einiger Geschäfte wie etwa das Modehaus „Eigensinn“. Beim „Kafe Wunderbar“ ist der Name Programm. Zunächst habe ich etwas gestutzt, als mir bei der Bestellung eines Sandwichs zum Mitnehmen erklärt wurde, es könnte eine Weile dauern. Bloß gut, dass ich mich davon nicht habe abschrecken lassen! Ich bekam nämlich ein wirklich wunderbares Doppelstocksandwich aus frisch getoastetem Brot mit Lachs, gekochtem Ei und genau der richtigen Menge Meerrettich.

Auf diese Weise gestärkt, konnte ich mich nun endlich auf den Weg zum berühmtesten Sohn der Stadt machen. Eigentlich hatte ich auf ein Theodor-Fontane-Museum gehofft, allerdings ist das wohl doch etwas zu hoch gegriffen, aber im Heimatmuseum gibt es eine ihm gewidmete Dauerausstellung. Immerhin befindet sich in dem Haus, in dem der Apothekersohn geboren wurde, bis heute die Löwen-Apotheke, und eine Gedenktafel kündet bis heute von diesem denkwürdigen Ereignis am 30. Dezember 1819.

Dass Fontane selbst mit dem Beruf des Apothekers nicht glücklich wurde, ist inzwischen hinlänglich bekannt, und so ist es doch ein versöhnlicher Anblick, dass die Fontane-Buchhandlung sich direkt im Nebenhaus befindet.

Der Meister selbst residiert am Ende der Fußgängerzone inmitten eines kleineren Parks auf einem umso größeren Denkmal. Die Beine übereinandergeschlagen, Schal und Stock neben sich an die Steinbank gelehnt, schaut er auf die Passanten herab und wirkt ein wenig so, als würde er auf etwas warten. Vielleicht auf einen Reisegefährten für neue Wanderungen durch die Mark Brandenburg?

So grün und gepflegt, wie die Neuruppiner Parks und Wege mit ihren in unterschiedliche Formen geschnittenen Bäumen sind, möchte man sich am liebsten gleich hier, in der Innenstadt, auf den Weg machen. Zu entdecken gäbe es dabei sicher einiges, doch mein Mini-Urlaub ist für dieses Mal zu Ende. Dennoch hatte er alles zu bieten, was ich von einem richtigen Urlaub erwarte: Erholung, Erkenntnisgewinn und den Wunsch, irgendwann wiederzukommen. Danke, Neuruppin, für diese kleine Auszeit!
 
 
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